Von stolzen Turnern und kickenden Buben

Die 175-jährige Geschichte des VfL Nagold / Von Heiko Hofmann

Fesche Burschen: Die Musterriege des Turnvereins Nagold im Jahr 1927.

Im Jahr 2022 begeht Nagolds größter Verein ein stolzes Jubiläum: Der VfL Nagold wird 175 Jahre alt. Was 1847 als Turnverein begann, wird heute in 16 Abteilungen und einer Kindersportschule fortgeführt.

 

Aller Anfang ist schwer. Das sagt man zumindest so. Und irgendwie gilt das auch für die Quellenlage zur Vereinsgeschichte des VfL Nagold. Viel ist nicht überliefert aus jener Anfangszeit um 1847. Zum Beispiel ist da die Frage nach den Gründungsvätern, nach dem Gründungslokal, und natürlich die Suche nach einem exakten Gründungsdatum. Alles vergebens. Heute, 175 Jahre nach der Gründung des Vorgängervereins des großen VfL Nagold, weiß man schlichtweg nicht mehr, wer da wo und wann genau zusammengekommen ist, um den »Turnverein Nagold« zu gründen. Ein Protokoll jedenfalls sucht man vergebens. Erst 13 Jahre später – bei der Wiederbelebung des Vereins im Jahr 1860 – taucht ein erstes Protokollbuch auf. Und seitdem tun sich die Chronisten auch deutlich leichter damit, das Geschehen im Verein nachzuzeichnen.

Immer wieder Verwirrungen rund um das Gründungsjahr

Doch zurück zur Vereinsgründung. Dass der VfL Nagold 2022 sein 175-Jähriges feiert, ist dennoch mit einigen Dokumenten belegt. Zum Beispiel mit Zeitungsberichten im »Gesellschafter«, dem Nagolder Vorgänger des Schwarzwälder Boten. Unter anderem wird erörtert, dass sich der Verein schon in seinem Gründungsjahr mit einem Turnfest erstmals der Öffentlichkeit präsentierte. Und dieses Turnfest war am 27. September 1847. Zudem steht es ja auch auf der ehrwürdigen Vereinsfahne so geschrieben. Die stammt zwar nicht mehr aus den Anfangszeiten des TV Nagold, doch immerhin von 1903. Damals weihte der TV mit riesigem Fest seine neue Fahne ein – und auf der steht das Jahr 1847 als Gründungsjahr.

Die Gründung 1847

Verwirrungen gibt es rund um das Gründungsjahr dennoch einige im Laufe der Vereinsgeschichte. So feierte man zum Beispiel 1910 ganz groß das 50-jährige Bestehen des TV Nagold – und merkte erst im Nachhinein, dass der Verein ja eigentlich glatt 13 Jahre älter ist. Und auch aus dem Jahr 1961 ist eine Feier zum 115-Jährigen überliefert – aus heutiger Quellenlage wäre 1962 das richtige Jahr gewesen.

Kletterbaum auf dem Stadtacker

Wie dem auch sei, so richtig falsch lag man auch 1961 nicht. Denn sicher wurde bereits vor der offiziellen Vereinsgründung in Nagold geturnt. Zum Beispiel in den Schulen. Einen Kletterbaum auf dem Turnplatz hat es jedenfalls schon vor 1847 gegeben. Und 1844 beschloss der Nagolder Gemeinderat, weitere Turngeräte für »angemessene körperliche Übungen« aufzubauen. Im Jahr 1845 berichtete der Gesellschafter zudem: »Seit etwa einem Jahr besteht auch bei uns eine Turnschule...«

Geturnt wird in jenen Anfangsjahren im Freien. Und zwar auf dem so genannten Stadtacker – auf dem Gelände steht heute die Agentur für Arbeit. Und nicht von ungefähr direkt daneben die Alte Seminarturnhalle: Diese entstand zusammen mit dem Lehrerseminar (später ABG) und diente ab 1881 als Turn- und Festhalle. Auch Nagolds Turnverein durfte die Halle mitnutzen.

Zwölf Frauen nehmen 1903 am wöchentlichen Turntraining teil

Die Anfänge des Vereinssports lagen natürlich auch in Nagold in der deutschlandweiten Turnbewegung – Stichwort »Turnvater Jahn«. Und auch in Nagold galt es wehrhafte starke Männer zu formen. Doch ab 1903 nicht mehr nur Männer. Dem allgemeinen Trend, auch für Frauen Turnangebote im Verein zu schaffen, konnte sich kurz nach der Jahrhundertwende auch der TV Nagold nicht verschließen. 1903 gründete man eine Damen-Turnerriege und im Protokoll wird berichtet, dass durchschnittlich zwölf Frauen am wöchentlichen Turntraining teilnahmen.

Konkurrenz durch den »Bubensport«

In jener Zeit erwuchs der Turnbewegung aber starke Konkurrenz. Auch in Nagold fingen die Jungs an, Fußball zu spielen. Auf der Wiese, wo heute das Schwimmbad steht, soll kurz nach der Jahrhundertwende (ab 1901) ein Lehrer den Nagolder Buben das Spiel beigebracht haben. Fußball – gerne auch als »Bubensport« verunglimpft – wurde von der Turnerschar sehr kritisch, und wohl auch eifersüchtig beobachtet. Und so fand die heute so beliebte Sportart auch keinen Platz unter dem Dach des Turnvereins.

Der FC Nagold gründet sich

Also kam es 1911 zur Gründung des Fußballclubs Nagold – entgegen manchem Widerstand in der Stadt. Doch der Fußball konnte in seinem Erfolg nicht mehr gestoppt werden. Nach erfolglosen Versuchen der Fußballer, in den Turnverein aufgenommen zu werden (1921) taufte sich der FC Nagold 1922 um in »Sportverein Nagold«. Das machte auch durchaus Sinn. Denn zum Fußball gesellte sich in jenem Jahr auch die Leichtathletik dazu. Und so kommt es, dass auch Nagolds Leichtathleten heuer ein Jubiläum feiern können, sogar das 100-Jährige!

Eine andere Mannschaftssportart, die heute noch im VfL betrieben wird, entwickelte sich aber aus dem Turnverein heraus: Handball. Mit der Inbetriebnahme des ersten vereinseigenen Sportgeländes – perfekt gelegen mitten im Kleb – kam es 1927 zur Gründung der Handball-Mannschaft. Gespielt und trainiert wurde damals noch im Freien. Und beim Feldhandball fielen oft nur eine Hand voll Tore. Fußballspielen war auf dem Sportgelände des TV Nagold im Kleb übrigens in jener Zeit streng verboten.

Erzwungener Zusammenschluss

1934 kam es dann doch zum Zusammenschluss der Vereine – nun unter Zwang, von den Nationalsozialisten seit 1933 im Rahmen der Gleichschaltung vorbereitet und vorangetrieben. Sportverein und Turnverein gingen im »Verein für Leibesübungen Nagold« auf. Andere in der Stadt existierende Sportvereine wurden ganz verboten, der Arbeitersportverein zum Beispiel und auch der Velo-Club Nagold.

Nach dem Krieg dachte dann niemand mehr ernsthaft wieder an eine Trennung der Vereine. Im Gegenteil: Man hatte andere Probleme und war froh, im Dezember 1946 immerhin eine »Spielvereinigung Nagold« gründen zu dürfen. 1950 benannte sich der Verein dann wieder um in VfL Nagold.

Rasante Erfolgsgeschichte

In der Nachkriegszeit legte der VfL Nagold eine rasante Erfolgsgeschichte hin. Zahlreiche Abteilungen fanden in den nun folgenden Jahrzehnten eine sportliche Heimat im VfL. Einige gibt es heute nicht mehr: Zum Beispiel die sehr aktive Radsportabteilung, die aus dem einstigen Velo-Club heraus entstanden war. Oder die Versehrtensportler, die Faustballer, die Volleyballer und die Sparte Rollsport. Dafür stießen neue Abteilungen dazu, auch von ungewöhnlichen Sportarten: Schwertkampf zum Beispiel, die japanische Bogensportart Kyudo und als jüngstes Kind die Sparte Linedance. 16 Abteilungen zählt der VfL Nagold heute, hinzu kommt eine sehr rege Kindersportschule – die es sogar schon seit 1991 gibt.

Der Erfolg der Nachkriegsjahre ist auch deutlich an den Mitgliederzahlen abzulesen: 1955 hatte der Verein 500 Mitglieder, 20 Jahre später waren es bereits mehr als 1200, und in den 1980er- und 1990er-Jahren lag die Mitgliederzahl gar über der 2000er-Marke. Die rund 200 Kiss-Kinder mitgezählt hat der VfL Nagold aktuell rund 1750 Mitglieder, hinzu kommen zahlreiche Sportler, die nicht Mitglied des Vereins sind, sondern Kurse oder nur einzelne Fitnessangebote wahrnehmen.

 

(Dieser Bericht erschien aus Anlass des 175-jährigen Vereinsjubiläums am 13. Januar 2022 im Schwarzwälder Boten. Alle Fotos stammen aus dem VfL-Archiv)

Nagolds erste Fußballmannschaft: Das Team des FC Nagold aus dem Gründungsjahr 1911.


Mehr Kondition für Nagolds Kicker

100 Jahre Leichtathletik im VfL Nagold / Von Heiko Hofmann

Nicht nur der VfL Nagold feiert 2022 mit seiner 175-jährigen Tradition ein stolzes Jubiläum, auch die Leichtathleten sind in diesem Jahr kräftig am Feiern. Seit 100 Jahren besteht die Abteilung.

Räumlich sind die VfL-Leichtathleten eng mit den Fußballern verbunden: Im Reinhold-Fleckenstein-Stadion trainieren beide Abteilungen oft parallel. Und auch die Entstehung der Abteilung vor 100 Jahren ist eng mit der Geschichte der Fußballer verknüpft. Nagolds Kicker sind seit 1911 im Fußball-Club organisiert. 1922 erfolgt nach der Stagnation des Vereinswesens durch den ersten Weltkrieg ein Neustart unter neuem Namen: »Sportverein Nagold« nennt man sich nun. Der SV ist einer der Vorgängervereine des VfL Nagold. Georg Köbele übernimmt damals den ersten Vorsitz im Verein. Und ihm ist es ein Anliegen, dass die Fußballer nicht nur kicken, sondern auch Leichtathletik betreiben – um so für eine bessere Kondition zu sorgen. Ob die Fußballer dadurch konditionell wirklich zulegen, ist nicht belegt, doch in dieser Zeit wird der Grundstein für die Leichtathletik-Abteilung gelegt – auch sportlich eine der erfolgreichsten Abteilungen des VfL Nagold.

Heute sind die Leichtathleten im VfL die drittgrößte Abteilung. Mit großem ehrenamtlichen Einsatz stemmen sie gleich mehrere Sportfeste und Wettkämpfe im Jahr. Das wohl bekannteste ist der Nagolder Mittsommerlauf - ein Breitensportevent für Teams, die einen Rundkurs in der Stadt laufen.

Das erinnert auch an früher. Der Stadtlauf ist ein beliebtes Rennen der Leichtathleten mit großem Zuschauerzuspruch. Und gelaufen wird mitten in der Stadt. Der erste Stadtlauf ist aus dem Jahr 1929 überliefert – am 18. August findet er im Rahmen des ersten Gausporttags in Nagold statt. Damals schon freut sich Georg Köbele in seiner Ansprache, dass die sieben Jahre Aufbauarbeit bereits Früchte tragen würden – von »schönen Erfolgen« spricht Köbele. Und dass sich die Nagolder Leichtathleten »bereits an die erste Stelle des Gaues in der Leichtathletik« gesetzt hätten. Georg Köbele ist übrigens auch der erste Vorsitzendes des VfL Nagold, als sich dieser aus dem Zusammenschluss des TV und des SV Nagold 1934 gründet. Noch heute erinnern die Leichtathleten mit dem jährlich verliehenen Georg-Köbele-Preis an ihren Gründervater. 

Über Jahrzehnte gehören die Leichtathleten zu den sportlichen Leuchttürmen des VfL Nagold. Auf Landes- und mitunter auch auf Bundesebene erreichen Sportler aller Generationen große Erfolge. Um zwei Namen stellvertretend herauszuheben: Der beim VfL groß gewordene Elmar Peterke ist ab Mitte der 1960er bis weit in die 1970er-Jahre hinein Teil der deutschen Elite der 400-Meter-Hürden-Läufer. Und heute ist es Samuel Werner, der als Zehnkämpfer in der U20-Konkurrenz 2020 Vizemeister wird, und erst vor kurzem die Quali für die Junioren-WM schafft. Es gibt Zeiten, da mischt der VfL im Konzert der ganz großen Leichtathletikvereine des Landes mit. Nicht zufällig ist von 1976 bis zum Jahr 2000 in Nagold sogar eine Talentfördergruppe des Verbandes angesiedelt.

Das Abendsportfest und die im April anstehende Bahneröffnung sind heute noch sehr beliebte Wettkämpfe, die in Nagold ausgerichtet werden. Im Landesgartenschaujahr 2012 richten die Nagolder Leichtathleten sogar Deutsche Meisterschaften aus – über 10 Kilometer auf der Straße. Der Kurs führt mitten durch die Stadt; ein ganz besonderes und ungewöhnliches Event für Nagold. Doch für Neues sind die Leichtathleten eben auch zu haben.

Am 21. März 1965 richten sie sogar ein Hallensportfest aus. In der Stadthalle stehen Wettbewerbe im Hochsprung und im Kugelstoßen an, aber auch Laufwettbewerbe über 800 und 1000 Meter sowie eine 3x35-Meter-Staffel. Und sogar Weitsprung steht an: Statt in eine Sandkiste springen die Sportler in eine mehr oder weniger weiche Matte hinein.

Und an noch eine schöne Veranstaltung von früher sei erinnert: Es gibt früher offene Stadtmeisterschaften in Nagold. Ab 1960 messen sich die Nagolder in den unterschiedlichsten Disziplinen. Im Oktober 1975 schreibt man auch erstmals einen Mannschafts-Dreikampf für Abteilungen und Vereine aus. Die Leichtathleten selbst verzichten auf den Start. Der Sieger? Nagolds VfL-Fußballer, vor den Turnern und den Handballern. Ein wenig überraschend: Nicht die guten Laufleistungen sorgen für den Sieg. Laut Pressebericht bringen die starken Kugelstoß-Weiten den Fußballern den Sieg.

 

Infos zum Mittsommerlauf

Zum Jubiläum laden die Nagolder Leichtathleten am Freitag, 24. Juni zur vierten Auflage des Nagolder Mittsommerlaufs ein. Der Team-Staffel-Wettbewerb findet abends von 21 bis 22.30 Uhr statt. Start und Ziel ist der Longwyplatz, Siegerehrung ist im Rahmen des Nagolder Mittsommers ab 23 Uhr auf dem Vorstadtplatz. Ein Team besteht aus vier bis sechs Läufern. Im Vorfeld wird ab 18.30 Uhr die fitteste Schulklasse ermittelt. Meldeschluss ist Montag, 20. Juni. 

 

Quelle: Sport- und Stadtgeschichte Nagold / Wikipedia / Archiv VfL Nagold


Der VfL Nagold und seine Abteilungen

Eine Nachkriegsgeschichte von Heiko Hofmann

Turnen, Fußball, Handball, Leichtathletik, Schwimmen, Faustball und Radfahren – die ersten Jahrzehnte des Vereinssports in Nagold sind von diesen Sportarten geprägt. Da ist also durchaus schon Abwechslung geboten. Doch die Entwicklung des VfL Nagold zu einem breit aufgestellten Mehrspartenverein bekam in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine ganz neue Dimension.

 

Die Nachkriegszeit ist in Nagold wie überall in Deutschland geprägt vom Wiederaufbau. Das gilt auch für den Vereinssport in der Stadt. Der liegt nämlich erstmal am Boden, wie so vieles. Und es gibt Wichtigeres zu tun. Zudem verbietet die französische Besatzungsmacht sämtliche Vereine – darunter auch den VfL Nagold. Doch die schönste Nebensache der Welt, der Sport und in diesem Fall vor allem der Fußball, kommt bald wieder zu ihrem Recht. Und so kommt es bereits Ende Dezember 1946 zur Gründung einer Spielvereinigung Nagold, die dann im Jahr 1950 auch wieder ihren alten Namen VfL Nagold annehmen darf und will. Eine ganz prägende Figur: Der Nagolder Unternehmer Gustav Digel ist in diesen Jahren Vorsitzender des Vereins – und wird es bis 1962 bleiben.

 

1948: Die erste wirklich neue Abteilung nach dem Krieg ist Tischtennis: Bereits 1948 gründen Günther Fellmeth und Werner Walz die neue Gruppe. Walz, seines Zeichens Schreinermeister, zimmert die ersten Tischtennisplatten selbst zusammen, und gespielt wird in den Nebenzimmern der Gaststätten „Adler“ und „Waldhorn“. In der Seminarturnhalle tragen die Tischtenniscracks ihre ersten Heimspiele aus. Und 1949 nimmt man erstmals an einer Kreismeisterschaft teil – in Bad Wildbad gewinnt der VfL die ersten zwei Kreismeistertitel.

 

1950 gesellt sich die nächste Abteilung zur VfL-Familie. Viel ist über die Beweggründe zur Gründung der Wintersportler nicht überliefert. Doch ab 1950 besteht die Abteilung offiziell, geleitet wird sie vom damaligen zweiten Vorsitzenden  des Gesamtvereins  Albert Schühle. Und die Wintersportler sind von Anfang an eher auf den Breitensport ausgelegt. In den Anfangsjahren sind zahlreiche Sonntagsausflüge ins „Ruhestein-Schliffkopf-Gebiet“ belegt. Es gilt den Mitgliedern „die Schönheiten und Reize des nahen Hochschwarzwaldes im Winterkleide zu vermitteln“. Dennoch gibt später auch eine Renngruppe. Vor allem aber stellen sich die Wintersportler wie keine zweite VfL-Abteilung in der Breite auf: Neben dem klassischen Wintersport betreibt die Abteilung heute einen Lauftreff, die beliebte Skigymnastik und auch sportlich sehr erfolgreich den Inline-Sport. / Foto oben

 

1964 ist die Geburtsstunde der Basketballabteilung des VfL Nagold. Den Anstoß zur Gründung gibt eine Firmen-Mannschaft der Lüftungsbauer des Unternehmens Teufel. Von Beginn an gehen die Nagolder Basketballer auf Punktejagd – heute kaum noch vorstellbar, in der eigentlich völlig unzureichenden und zu kleinen Iselshäuser Halle. Mit dem Neubau der Lemberghalle 1966 steht den Basketballern zumindest eine etwas größere Halle zur Verfügung. Mit dem Bau eines Spielfelds im Freien auf dem Lemberg und dem Umzug in die OHG-Halle verbessert sich die Trainings- und Spielbedingungen maßgeblich. Vermehrt geht es nun auch um die Bildung von Jugendteams. Mit zum Teil großen Erfolgen. 1984 steigt das Team nach drei Meisterschaften und Aufstiegen in Folge in die höchste baden-württembergische Spielklasse auf, in die Oberliga. Der Basketballsport hat seine Wurzeln in den Staaten. In Deutschland aber wird schon lange Korbball gespielt – auch eine Sportart, die sich aus der Turnerbewegung herausentwickelt hat. Von 1939 ist bekannt, dass die Frauen-Korbballmannschaft des VfL Nagold Kreismeister wird. Und aus dem Jahr 1943 stammt ein altes Foto, das zwei Frauenteams beim Korbballspiel am Alten Turm in Nagold zeigt. Eine Szene, die stark an das heute so beliebte Streetball auf einen Korb erinnert.

 

1967 bekommt auch der Versehrtensport  in Nagold eine offizielle Vereinsheimat. Nach dem Bau der Lemberghalle und des darunterliegenden Lehrschwimmbeckens sind die Voraussetzungen perfekt. Und so kommt es Ende 1966 zur Gründungsversammlung der Versehrtensportabteilung, eine Guppe, die heute nicht mehr besteht. Der Gesundheits- und Breitensport steht klar im Fokus, doch die Versehrtensportler sind auch bei Wettkämpfen erfolgreich, beim Faustball zum Beispiel, in der Leichtathletik oder auch im Schwimmen. Wilhelm Härtter und Bernd Heinrich sind zwei der herausragenden Versehrtensportler des VfL Nagold. Dennoch stehen Themen wie die Rehabilitation, Gesundheit, Erholung und Geselligkeit stets im Mittelpunkt aller Aktivitäten der Abteilung.

 

1970 kann sich auch Nagold der Anziehungskraft des Judo-Sports nicht mehr entziehen. Die Selbstverteidigungssportart erfreut sich in den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland immer größerer Beliebtheit. Im Herbst 1970 gründen die Judoka in Nagold eine eigene Abteilung, und eineinhalb Jahre später gibt es die erste Gürtelprüfung mit doch sehr beachtlichen 31 Teilnehmern in Nagold. Judo ist ein echter Trend damals, auch in Nagold eine boomende Sportart, und anfangs ist das Training der mehr als 100 Mitglieder in der viel zu kleinen Turnhalle der Kernenschule eine echte Herausforderung.

Ebenfalls 1970 gründen sich die Kraftsportler – damals noch beim SV Mötzingen, ab 1983 dann als Abteilung des VfL Nagold, und seit 2018 als selbstständiger Verein unter dem Namen WFC Nagold. Einer der sportlichen Höhepunkte ist sicher der Aufstieg in die erste Bundesliga ab dem Jahr 1994. Drei Jahre kann die höchste deutsche Klasse gehalten werden.

 

1973 gründet sich in einem Gasthaus in Rohrdorf die Volleyballabteilung des VfL Nagold  - auch diese Abteilung gibt es heute nicht mehr. Hauptsächlich Lehrerinnen und Lehrer der Nagolder Realschule treiben die Gründung voran. Sie spielen bereits seit Ende der 1960er Jahren zunächst in Iselshausen und dann in Rohrdorf gemeinsam Volleyball. Rund 40 Mitglieder stellt die Abteilung anfangs, in den Hochzeiten steigt die Zahl auf bis zu 150. VfL-Sportler sind auch Teil der erfolgreichen Volleyballspielgemeinschaft Nagold. Letztlich aber ist Nagold zu klein für zwei Volleyballvereine und so hat der Volleyballsport heute im VC Nagold seine Heimat.

 

1974 hält die nächste asiatische Kampfsportart beim VfL Nagold Einzug: Karate. Bereits ein Jahr zuvor findet zum ersten Mal ein Karatetraining statt. Die ersten Karate-Interessierten werden damals von Rainer Wenzel und Peter Wilde in die asiatische Kampfkunst eingeweiht. Der Aufbau einer eigenen Karate-Abteilung beginnt  1974 nach einem die Sportart erklärenden Aufruf in der Zeitung. Der Erfolg ist von Anfang an groß:  Mitte 1974 trainieren schon 40 Aktive regelmäßig, weitere 50 Erwachsene sowie etwa 68 Kinder und Jugendliche zählen zu den Mitgliedern der Abteilung. Im Mai 1974 stößt Ottmar Käser zum VfL Nagold und übernimmt die Abteilungsleitung. Die Lemberghalle wird bald zu klein, so dass 1976 das Training in die Stadthalle verlegt wird. Heute trainieren Nagolds Karateka in der Eisberghalle. / Foto oben

 

1979 kommt der Badmintonsport nach Nagold. Also zumindest zum VfL Nagold. Damals wie heute ist Badminton eine der kleinen Abteilungen des VfL Nagold, wenngleich man zu Hochzeiten schon auch mal um die 100 Mitglieder hat. Die Badminton-Abteilung des VfL Nagold hat ihre Ursprünge unter dem Dach des TSV Rohrdorf, ehe sie dann offiziell zum 1. April 1979 beim VfL Nagold heimisch wird. Nur etwa zehn aktive Spieler greifen in dieser Gründerzeit in Nagold zum Badmintonschläger. Einer von ihnen: der erste Abteilungsleiter Horst Peters, der später auch für einige Jahre Vereinsvorsitzender des VfL Nagold ist. Die Abteilung hat Höhen und Tiefen zu überstehen, ist zwischenzeitlich auch sportlich sehr erfolgreich, 1994 steigt die erste Mannschaft gar in die Landesliga auf, Mitter der 1990er Jahre hat man vier Mannschaften gemeldet. Heute nimmt die Abteilung nicht mehr am Ligabetrieb teil und konzentriert sich ganz auf ein  breitensportliches Angebot. / Foto unten

 

1983 folgt die nächste neue Abteilung: Der Trend rund um das Skaten führt in Nagold zur Gründung der Rollsport-Abteilung. Der aktive Skater Frank "Mad" Goedel treibt die Gründung der Abteilung voran, doch der Gründerwille erliegt recht zügig. Bis ab 1989 eine neue Gruppe Skater in Nagold auf sich aufmerksam macht. Und so kommt es 1990 zur Reaktivierung der Abteilung, diesmal unter der Leitung von Gabriele Brenner. Bis 1992 entsteht am Rande des Badeparks eine Skater-Anlage, auf der auch regelmäßig offizielle Contests durchgeführt werden. Zudem nehmen Mitglieder der Nagolder Skatboard-Abteilung unter anderem an Deutschen Meisterschaften teil. Die Abteilung Skateboard existiert heute nicht mehr. Doch Sport auf Rollen wird beim VfL Nagold weiter betrieben - auf Inlinern unter dem Dach der Wintersportler und mit eigenem Trainings- und Renngelände auf dem Eisberg.

 

1991 entschließt sich der VfL Nagold zur Gründung einer Kindersportschule. Die KISS ist bis heute ein Erfolgsgarant des Vereins und setzt auf ein sportartenübergreifendes spielerisches Training für die jüngsten VfL-Mitglieder. Im selben Jahr wird die Koronarsportgruppe gegründet, unter anderem auf Initiative einiger Nagolder Ärzte. Erster Abteilungsleiter ist Werner Dunz. Auch der Nagolder Koronarsport kommt heute noch regelmäßig zusammen, wenn auch mittlerweile nicht mehr als eigenständige Abteilung sondern als Angebot des Gesamtvereins. Zudem gibt es mittlerweile diverse Rehasportangebote. Unter der Leitung von Claudia Raible gibt es unter anderem Diabetessport, Lungensport und auch Neurosport.

 

2015: Klassischer Schwertkampf gesellt sich nun zu den beim VfL Nagold betriebenen Sportarten dazu. Was als Unterabteilung der Karateka beginnt, ist mittlerweile eine selbstständige VfL-Abteilung, die regelmäßig in der Eisberghalle trainiert.

 

2016 findet eine weitere exotische Sportart unter dem Dach des VfL Nagold eine Heimat: Kyudo wird von Abteilungsleiter und Coach Peter Knipper in Nagold immer weiter ausgebaut. Dabei handelt es sich um eine der klassischen japanischen Kampfkünste, die sich aus den Waffentechniken der Samurai entwickelt hat. Geübt wird mit dem japanischen Langbogen.

 

2020 kommt mit Linedance das jüngste VfL-Kind zum Verein. Die sehr aktive Gruppe trifft sich zweimal die Woche zum Tanz-Training im Sportheim. Linedance ist ein choreografierte Tanzform, bei der einzelne Tänzer unabhängig von der Geschlechtszugehörigkeit in Reihen und Linien vor- und nebeneinander tanzen. Linedance wird zu jeder Musik getanzt, ob Rumba, Walzer, Country, Pop, Rock, Tango. Männer und Frauen gruppieren sich in Linien zusammen und tanzen eine eigens zum Lied entwickelte Choreographie. So tanzt zwar jeder für sich, aber niemals alleine.

Tolle Fotos aus dem VfL-Archiv: Oben, die Wintersportjugend 1978, die Badmintonspieler in den 1980ern. Unten (von links oben im Uhrzeigersinn): Turnerinnen 1949, Radsportabteilung 1961, Korbball am Alten Turm (1943), Faustballer 1970er.


VfL-Zeitsprünge als Broschüre

Aus Anlass des 175-jährigen Bestehens im Jahr 2022 erschien auch eine umfangreiche Broschüre zu unserer Vereinsgeschichte. 64 Seiten dick ist das Druckwerk und voller Erinnerungen aus dem VfL-Archiv. Das Heft enthält alle Teile unserer Jubiläums-Serie Zeitsprünge. Autor ist Heiko Hofmann. Wer ein Heft will, kann es sich gratis auf der VfL-Geschäftsstelle im Sportheim abholen.


Wenn Sie Näheres über die Geschichte des VfL Nagold und die Sportgeschichte der Stadt Nagold erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen unser 1997 erschinenes Buch. Sie können es über unsere VfL-Geschäftsstelle zum Preis von 20 Euro beziehen. Das Buch diente auch in vielen Belangen als Quelle für den Bericht oben und die Reihe ZEITSPRÜNGE.